Am 8. August 2022 wurde der 16-jährige Mouhamed Lamine Dramé in einer Dortmunder Wohngruppe für unbegleitete jugendliche Geflüchtete mit sechs Schüssen aus einer Maschinenpistole von der Polizei getötet. Vorausgegangen war die Mitteilung eines Betreuers der Wohngruppe an die Polizei, dass in der Wohngruppe ein Jugendlicher mit einem Messer herumlaufe und Suizidabsichten anzeige. Daraufhin entsandte die Einsatzzentrale der Dortmunder Polizei zwölf Einsatzkräfte.[1] Im Rahmen der Ermittlungen stellte sich u.a. heraus, dass keine der mitgeführten BodyCams eingeschaltet war und dass vor den tödlichen Schüssen Pfefferspray und Taser eingesetzt wurden (vgl. Bürgerrechte&Polizei 2022).
Ich kann mein Entsetzen über diesen Tod des 16-jährigen Mouhamed kaum in Worte fassen. Vermutlich liegt es wesentlich daran, dass ich mir beim besten Willen nicht vorstellen kann, dass es zwölf ausgebildeten Polizeibeamt/innen nicht möglich war, die Lage zu entschärfen. Vermutlich auch daran, dass das Opfer in allen Belangen eine schutzbedürftige Person war, aufgrund seines Alters, seiner Fluchtgeschichte und zweifellos auch aufgrund seiner aktuellen psychischen Verfassung, derentwegen Mouhamed Lamine Damé sich in der Wohngruppe aufhielt. Vermutlich spielt darüber hinaus auch die brutale Wirkung der eingesetzten Waffe eine Rolle. Dass der Tod weit über die Stadtgrenzen Dortmunds hinaus für Empörung sorgte, ist infolgedessen ebenso nachvollziehbar und notwendig, wie auch die erneute und stetige Kritik an der Polizei (Stichworte: rechtswidrige Polizeigewalt, Rechtsextremismus in der Polizei, Rassismus der Polizei).[2]
In diesem Beitrag möchte ich auf einige Aspekte hinweisen, die in der Kritik bisher nicht thematisiert wurden, die aber meines Erachtens für diesen und viele andere Polizeieinsätze relevant sein könnten: die Forderung nach „robusterem Polizeihandeln“, die Selbstwahrnehmung der Polizei als „Opfer von Gewalt und unangemessener Kritik“ und schließlich die geringe bzw. fehlende Bereitschaft der Polizei, sich einer unabhängigen Kontrolle zu stellen. Der Beitrag schließt mit einem Blick auf die Rolle von Führungspersonen.[3]
1. „Die Polizei muss an Robustheit … deutlich zulegen.“ (Behr 2018)
Mouhamed Lamine Dramé wurde mit einer Maschinenpistole erschossen. Eine Waffe, die – wie auch das Innenministerium Nordrhein-Westfalen betont – seit vielen Jahren zugelassen ist und in Funkstreifenwagen mitgeführt wird. Anders als die Dienstpistole bleibt sie jedoch zumeist im Funkstreifenwagen und wird nur anlässlich besonderer Lagen zur Hand genommen. Die Polizist/innen müssen sich konkret dafür entscheiden. Anlässlich einer Amok-Lage würde das Mitführen der Maschinenpistole nicht diskutiert, sondern geradezu erwartet. In diesem Fall stellt sich aber die Frage, welche Annahmen der eingesetzten Beamt/innen hinsichtlich möglicher Gefahren zu der Entscheidung geführt haben, die Maschinenpistole eigens aus dem gesicherten Fach im Streifenwagen mit an den Einsatzort zu nehmen. Berücksichtigt man den Anlass (ein suizidgefährdeter 16-jähriger Bewohner mit einem Messer) und die Örtlichkeit (der Innenhof einer kleinen Wohneinrichtung für unbegleitete Geflüchtete) und die bloße Zahl der eingesetzten, mit Schutzwesten ausgestatteten, Polizeibeamt/innen, wird diese Frage umso drängender. Dass die Maschinenpistole in der Öffentlichkeit als übermäßiges Mittel wahrgenommen wurde und dass bei vielen angesichts von sechs abgegebenen Schüssen bei vielen der Eindruck einer „Hinrichtung“ entstand, kann daher nicht verwundern.
2017 kursierte in der Polizei NRW ein Strategiepapier, das die Notwendigkeit eines deutlich robusteren Auftretens der Polizeibeamt/innen thematisierte. Dieses interne Papier blieb nicht folgenlos. Die Leitlinie „Kommunikation, so lange wie möglich“, die noch bis in die 2000er Jahre galt, wurde mehr oder weniger unausgesprochen durch „Einschreiten, so konsequent wie möglich“ ersetzt (vgl. Behr 2018:165). Technisch hat die Polizei schon seit längerem aufgerüstet, was insbesondere an der persönlichen Ausstattung der Streifenpolizist/innen öffentlich sichtbar wird: Neben Schutzweste, Handschellen, Einsatzmehrzweckstock, Reizstoffsprühgerät, Dienstpistole, BodyCam und wird seit neuestem der Taser mitgeführt.[4] Dass sich in diesem Rahmen Kommunikation verändert und sogar unwahrscheinlicher wird, ist offensichtlich. Behr (2018:165) verortet den Diskurs über robustes Einschreiten im Kontext von Männlichkeitsnormen, zu denen er u.a. die Inszenierung von Überlegenheit, Dominanz und das Denken in Kategorien von Sieg und Niederlage zählt und tatsächlich gibt es gerade unter Einsatzkräften den Sprachgebrauch, dass die Polizei immer „als Sieger vom Platz gehen muss“. Ich möchte den Blick auf die Wirkung der Forderung nach „robusterem Auftreten der Polizei“ noch ein wenig erweitern und diese Forderung in den Kontext der Klage über den vermutet zunehmenden Autoritätsverlust der Polizei, die im Zusammenhang mit Übergriffen gegen die Polizei geführt wird, stellen. (Vgl. Bettermann 2015:165) Bereits seit 2005 (Pfeiffer et al 2005, 2009) wurden Studien zur Gewalt gegen Polizeibeamt/innen durchgeführt und – im Gegensatz zu Studien, die Gewalt durch Polizeibeamt/innen untersuchen – insbesondere von Gewerkschaften und Innenministerien gern aufgegriffen.[5] Die Polizei inszeniert sich hier als Opfer und es war sicher kein Zufall, dass der nordrhein-westfälische Innenminister Herbert Reul am 25.8.22, nicht einmal drei Wochen nach der Tötung Mouhamed Lamine Dramès, als die Diskussion um mögliche Fehler bei diesem Polizeieinsatz in vollem Gange war, ein Pressegespräch mit den Ruhr-Nachrichten führte, in dem er unter der Überschrift „Bespuckt, beleidigt, geschlagen“ zum wiederholten Mal die zunehmende Gewalt gegen polizeiliche Einsatzkräfte thematisiert. Der Landesvorsitzende der DPolG Erich Rettinghaus zeigt sich davon wenig überrascht, „weil wir weiterhin die Respektlosigkeit gegenüber der Obrigkeit [sic!] in der Gesellschaft wahrnehmen“. (Ruhr-Nachrichten vom 26.8.22).[6]
Vielleicht geht die Vermutung, dass im Fall Mouhamed Lamine Dramé so entschieden wurde (s.o.), damit die Polizei als Sieger vom Platz geht, zu weit und vielleicht stand der Ministertermin bei den Ruhr-Nachrichten schon seit Monaten in seinem Kalender. Ungeachtet dessen wirkt der Diskurs über robusteres Einschreiten wie auch die andauernde Diskussion zunehmender Gewalt gegen Polizeikräfte ebenso als Legitimationsgrundlage, wie deren technisch-organisatorische Aufrüstung. Ein solcher Rahmen verändert die Annahmen, die einzelne Polizeibeamt/innen auf dem Weg in den Einsatz bilden und die für sie handlungsleitend werden. Eine bloße Durchsetzung dessen, was rechtlich zulässig ist, wird gegenüber einem durch Kommunikation und Verständigung geprägten polizeilichen Handeln wahrscheinlicher.
2. „Wenn die Kamera aus bleibt …“ [7]
Bei der Tötung Mouhamed Lamine Dramés waren zwölf mit BodyCams ausgestattete Polizeibeamt/innen vor Ort. Keine dieser BodyCams war während des Einsatzes eingeschaltet. Ein internes Protokoll erklärt diesen Umstand zunächst mit der Stresssituation, in der sämtliche Einsatzkräfte vergessen hätten, die Kameras einzuschalten. Später erläuterte das Innenministerium Nordrhein-Westfalen in einer offiziellen Verlautbarung, dass Suizide aus ethischen Gründen nicht aufgezeichnet würden. Im Übrigen seien die BodyCams für die Eigensicherung der Polizist/innen vorgesehen und nicht für die Dokumentation von Einsätzen. Beide Erklärungen wirken kraftlos, um nicht zu sagen nachträglich plausibilisiert. Denkbar wäre, dass die Einsatzkräfte angesichts ihrer Übermacht zunächst keine Gefahr für sich selbst sahen und dass sie später angesichts der Dynamik des Geschehens schlicht nicht mehr dazu kamen, die Kameras einzuschalten. Gegen diese Deutung spricht aber, dass von vornherein ein Sicherungsbeamter, ausgestattet mit einer Maschinenpistole, in Position gebracht wurde. Hatte man demnach von Beginn an eine Gefährdung einkalkuliert und wenn ja, aufgrund welcher Informationen? Festzuhalten ist, dass das kollektive Aus- bzw. das Nicht-Einschalten der BodyCams die Rekonstruktion des Einsatzverlaufs und die Klärung strafrechtlicher Verantwortlichkeit ungemein erschwert. Und deshalb darf und muss im Rahmen der Ermittlungen auch gefragt werden, ob genau dies eine Rolle bei der Entscheidung „Kameras aus“ gespielt hat.
BodyCams dienen derzeit in erster Linie dem Schutz von Polizeibeamt/innen vor Übergriffen der Bürger/innen und nicht dem Schutz Bürger/innen vor rechtswidrigen polizeilichen Maßnahmen. Es geht aber anscheinend nicht nur um körperliche Übergriffe von Bürger/innen, sondern auch hier darum, wer als „Sieger den Platz“ verlässt. Erst mit der Einführung der BodyCam wird eine „Waffengleichheit [sic!] gegenüber der privaten Handy-Kamera“ hergestellt, wie der Bundesvorsitzende der Bundespolizeigewerkschaft in der Deutschen Polizeigewerkschaft, Heiko Teggatz, es formuliert. Aufnahmen von Polizeieinsätzen mit privaten Kameras wären aus dem Zusammenhang gerissen und führten zu heftigsten Anschuldigungen wegen vermeintlicher Polizeigewalt. Dagegen lieferten die polizeilichen BodyCams eine lückenlose Dokumentation polizeilicher Maßnahmen. (Vgl. Polizeispiegel 2021:30) (Zwischenbemerkung: Die Wahl der Begriffe „Waffengleichheit“ und „Obrigkeit“ (s.o.) ermöglicht auch Rückschlüsse auf das Rollen- und Demokratieverständnis der Sprecher. Dazu wäre eine diskurs- und demokratietheoretische Untersuchung sicher lohnend, die hier allerdings vom Thema wegführen würde) Abgesehen davon, dass auch die Aufzeichnungen der polizeilichen BodyCams nur eine Perspektive auf das Geschehen liefern können, steht selbst diese Perspektive nicht immer zur Verfügung, denn die Entscheidung, ob ein Geschehen aufgezeichnet wird, treffen die Beamt/innen nach eigener Einschätzung. Das ist, wenn man schon von „Waffengleichheit“ sprechen will, ein kritischer Punkt. Polizist/innen lernen im Organisationsalltag, sich schriftlich und mündlich so auszudrücken, dass sie nicht so leicht angreifbar sind. Und dieses Wissen bezieht sich selbstredend auch auf mögliche Aufzeichnungen ihres Handelns. Kersting et al (2019:65) vermuten aufgrund ihrer Untersuchungen der Wirkung von BodyCams im Wachdienst der Polizei Nordrhein-Westfalen, dass sich Polizeibeamt/innen, wenn die Kamera läuft, formaljuristisch korrekt ausdrücken, „da das Video durch andere, Vorgesetzte oder die Staatsanwaltschaft, eingesehen werden könnte. Demgegenüber gibt es für das private Filmen von Polizeibeamt/innen im Einsatz eine Reihe von Einschränkungen, die der Polizei, z.B. mit der Begründung, der Polizeieinsatz würde gestört oder es bestünde die Sorge, dass die Aufnahmen veröffentlicht würde, ermöglichen, Aufnahmegeräte sicherzustellen, ggfs. Aufnahmen zu löschen. Das Ungleichgewicht ist offenkundig, denn wenn „die Polizei durch technische Innovationen zusätzliche Instrumente erhält, um Bürgerinnen und Bürger zu kontrollieren, gebieten es die Grundsätze der Rechtsstaatlichkeit, dass diese Instrumente auch zum Schutz der Bürgerinnen und Bürger gegen unrechtmäßiges Polizeihandeln zum Einsatz kommen.“ (Vgl. Aden/Fährmann 2019)
Raphael Behr beschreibt angesichts dieses Ungleichgewichts die BodyCam aus einer soziologischen Perspektive als neues Herrschaftsinstrument, dass für eine neutrale Beweisführung ungeeignet ist und führt dies auf den Einfluss der Gewerkschaften und Personalräte zurück. Deren Einfluss ist kaum zu übersehen. So wurde für die Bundespolizei von Personalräten über eine Dienstvereinbarung erreicht, dass BodyCam-Aufnahmen in keiner Weise für Verhaltens- und Leistungskontrollen und auch nicht für Verwaltungsermittlungen, z. B. bei der Bearbeitung von Beschwerden ohne strafrechtlich relevanten Hintergrund, herangezogen werden dürfen.[8] Die Gewerkschaft der Polizei sieht zudem BodyCams als ungeeignet für den Nachweis polizeilicher Übergriffe und aufgrund der geringen Fallzahlen (!) und der noch geringeren Verurteilungsquote (!) auch keinen Bedarf, BodyCams entsprechend zu nutzen. Darüber hinaus fordert der Landesbezirk, dass die Polizeibeamt/innen selbst entscheiden, welche Einsatzmittel sie zu ihrer Eigensicherung verwenden und dass deshalb die BodyCam nur auf freiwilliger Basis zur Anwendung kommen solle. (Vgl. GdP Berlin 2016) In ähnlicher Weise könnte die Pilot/innenvereinigung Cockpit fordern, dass das Einschalten des Flugschreibers, das die Aufzeichnung sämtlicher Handlungen und (privater) Gespräche am Arbeitsplatz der Pilot/innen auslöst, nur auf freiwilliger Basis erfolgen dürfe. Sie tut es nicht, vermutlich, weil sie sich neben den Interessen ihrer Mitglieder auch die Sicherheit des Flugbetriebs zum Ziel gesetzt hat. Gerade angesichts dieses Vergleichs ist es unverständlich, dass die Polizeibeamt/innen im Einsatz nicht zumindest zum Anschalten der BodyCams verpflichtet werden, wenn der Einsatz von Zwangsmitteln zu erwarten ist. Das wäre beispielsweise der Fall, wenn Polizeibeamt/innen sich anlässlich einer Einbruchmeldung mit der Pistole in der Hand einem potenziell gefährlichen Gebäude nähern, und selbstverständlich auch, wenn bei einem Einsatz ausdrücklich eine Sicherungsperson eingeteilt wird und diese eine Maschinenpistole mit sich führt. Darüber hinaus könnte technisch vorgesehen werden, dass die Kamera bei Tasereinsätzen automatisch eingeschaltet wird.
In der Diskussion um BodyCams bei der Polizei zeigen sich die bekannten (Diskurs-)Muster, die wirksam werden, wenn es um Kritik an der Polizei und um deren Kontrolle geht: einerseits die Konstruktion der „Polizei als Opfer von Gewalt“ und andererseits die Konstruktion der „Polizei als Opfer ungerechtfertigter Kritik“. Stellungnahmen und Kommentare enden fast immer mit dem Fazit, die Kritik sei unbegründet und Änderungen nicht notwendig, weil die Bürger/innen der Polizei und ihrer Objektivität umfassend vertrauen (können). (Vertiefend dazu Heidemann 2022)
3. „Aus Neutralitätsgründen ermittelt …“
Die Ermittlungen im Fall der Tötung Mouhamed Lamine Dramés durch Mitarbeitende des Polizeipräsidiums Dortmund werden aus Neutralitätsgründen durch das benachbarte Polizeipräsidium Recklinghausen geführt. Dieser Umstand führte nach Bekanntwerden des Falls unmittelbar zur Vermutung von Nähe und Parteilichkeit der ermittelnden Beamt/innen, die sich aus anderen Arbeitszusammenhängen kennen, z. B. aus Ermittlungen und Einsatzlagen. Zudem würde zeitgleich das Polizeipräsidium Dortmund gegen Angehörige des Polizeipräsidiums Recklinghausen ermitteln. Das Innenministerium NRW reagierte darauf mit der Stellungnahme, die Ermittlungen würden professionell und objektiv geführt und in seinem Gespräch mit den Ruhr-Nachrichten am 19.8.22 fragt sich Innenminister Herbert Reul: "Wozu brauchen wir eine unabhängige Instanz, wenn es doch mit der Justiz bereits eine unabhängige Instanz gibt?“ Der Polizeibeauftragte des Landes NRW, sieht ebenfalls nicht die Gefahr einer parteiischen Ermittlung, denn „… die Ermittler/innen handeln nach Recht und Gesetz, weil sie wissen, dass sie sich sonst strafbar machen.“ (Ebd.) Beide Äußerungen offenbaren eine positivistische Perspektive auf Organisationen, die von der irrigen Annahme geleitet ist, dass Sachverhalte, wenn sie einmal formal geregelt sind, im Alltag auch nur noch so vorkommen, frei nach dem Motto: „Was nicht sein darf, das nicht sein kann!“
Die Forderung nach einer unabhängigen Kontrolle der Polizei ist keineswegs neu (vgl. u.a. Gössner 2002, Singelnstein 2013, Töpfer 2014). Sie wird nicht nur von Wissenschaftler/innen unterschiedlicher Disziplinen und Journalist/innen erhoben, sondern vor allem auch von Menschenrechtler/innen. So führt der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) den Anspruch auf eine von der Polizei unabhängige Untersuchung auf Art. 3 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) zurück. Aden (2019:174) betont aufgrund dessen, dass in den entsprechenden Fällen die Unabhängigkeit der Untersuchung gleichfalls dem Menschenrechtsschutz unterläge. Zudem betont der Europäische Kodex für Polizeiethik des Europarats: „Polizei, die gegen die Polizei ermittelt, lässt generell Zweifel an der Unabhängigkeit aufkommen.“[9] Diese Position hat auch der EGMR aktuell in seiner Entscheidung zu einer Beschwerde wegen racial profiling aufgegriffen und gerügt, dass interne Ermittlungen nicht unabhängig seien. (EGMR, Urt. v. 18.10.2022, Beschwerdenr. 215/19)[10] Während in einer Reihe von europäischen Ländern (Belgien, Dänemark, Irland, Portugal, Ungarn und dem Vereinigten Königreich) zwischenzeitlich unabhängige Ermittlungsstellen existieren (vgl. Töpfer 2014:8), werden die zitierten Forderungen in Deutschland weitgehend ignoriert.
In Deutschland dreht sich die Debatte um die Kontrolle der Polizei dagegen vornehmlich um die Einrichtung so genannter Bürger- und Polizeibeauftragter, deren Ressourcen und Befugnisse sich weitgehend auf das Entgegennehmen von (internen) Eingaben und Stellen von Anfragen an die Polizeibehörden beschränken. Zum Teil sind sie den Parlamenten zugeordnet, zum Teil sind sie auch gar nicht für Beschwerden von Bürger/innen zugänglich, sondern eher Anwält/innen [sic!] der Polizist/innen.[11] Der Zugang zu diesen Beauftragten ist außerdem zumeist nicht barrierefrei (u. a. Schriftlichkeit, Sprache, Vertrauen auf die eigene Beschwerdemacht).
Strafrechtliche Ermittlungen werden nach wie vor von den Staatsanwaltschaften geführt, denen gegenüber die polizeilichen Ermittlungsbeamt/innen in Bezug auf die Ermittlungshandlungen weisungsgebunden sind. U.a. mit diesem formal geregelten Verhältnis wird die Neutralität der Ermittlungen gegen Polizeibeamt/innen begründet. Der kriminalistische Alltag stellt sich allerdings etwas anders dar. Hier bilden Staatsanwält/innen und Ermittler/innen oftmals aufgrund ihres tagtäglichen Zusammenwirkens ein eingespieltes Team mit wechselseitigen Abhängigkeiten. So kann die Staatsanwaltschaft die Polizei mit Ermittlungsaufträgen überziehen. Die Art und Weise, z. B. Frage mit welcher Intensität und mit welchem Engagement diese Ersuchen dann bearbeitet werden, entzieht sich jedoch ihrer Kontrolle. Umgekehrt ist der Erfolg der Staatsanwaltschaft maßgeblich durch die Ermittlungsarbeit der Polizei bedingt. Insofern ist es naheliegend, dass sich aufgrund dieser Abhängigkeit und der Arbeit am selben Gegenstand so etwas wie eine professionelle Solidarität zwischen Personen und Institutionen bildet, die sich jedenfalls in ihrem Alltag näher sind, als die nichtpolizeilichen Beschuldigten, gegen die sie üblicherweise ermitteln. Insofern kann man bei Ermittlungen der Staatsanwaltschaft und ihrer polizeilichen Ermittlungssbeamt/innen wohlwollend von halbinternen Ermittlungen sprechen, jedoch keineswegs von einer Unabhängigkeit.[12]
Neben den informellen Beziehungen zwischen der ermittlungsführenden Staatsanwaltschaft und ihren Ermittlungssbeamt/innen lassen sich eine Reihe von Praktiken identifizieren, welche die Position der verdächtigen Beamt/innen vorteilhafter gestalten. So ist es aufgrund der beamtenrechtlich verankerten Fürsorgepflicht durchaus üblich, dass Beamt/innen nach einem Schusswaffengebrauch ermöglicht wird, Abstand zu gewinnen, um den Schock zu verdauen. Ebenso wird ihnen psychologische Unterstützung zur Verarbeitung des Ereignisses angeboten. Im Vergleich dazu werden tatverdächtige Bürger/innen von Kontaktpersonen getrennt und möglichst unmittelbar vernommen. Polizeibeamt/innen haben – anders als nichtpolizeiliche Tatverdächtige – zumeist auch Gelegenheit, mit gleichfalls eingesetzten Kolleg/innen zu sprechen oder anderweitig in Kontakt zu treten. Dazu muss angemerkt werden, dass im Polizeialltag andauernd über abgeschlossene Einsatzlagen gesprochen wird und dass in diesen Gesprächen auch eine gemeinsame Deutung des Geschehens entsteht. Je nach Formalisierungsgrad dieser Gespräche spricht man auch von Einsatznachbereitung, deren Ziel die Professionalisierung der Polizeiarbeit ist. Sofern der Einsatz aber Gegenstand strafrechtlicher Ermittlungen ist, kann die Nachbereitung eine „vereinheitlichte Erinnerung“ schaffen, die einer Aufklärung des Sachverhalts unmittelbar entgegensteht.[13]
Polizist/innen können sich zudem auf juristisches Wissen stützen und vor allem auf Wissen darüber, welche juristische Relevanz bestimmte Formulierungen entfalten können, wenn es beispielsweise um verdächtige Bewegungen geht, mit denen sich z.B. eine Notwehr begründen ließe. Sie kennen die Bedeutung der Aussageverweigerung, wissen, wie man eine Vernehmungsunfähigkeit begründen kann und können in gewissen Grenzen auf die „Solidarität“ ihrer Kolleg/innen setzen, z.B. in Form wohlwollender Formulierungen. Um nicht falsch verstanden zu werden: Die hier beschriebene Informalität ist an sich nicht verwerflich, wie es beispielsweise manipulierte Beweismittel oder Falschaussagen wären. Die Informalität belegt jedoch, dass die Vorstellung objektiver und unabhängiger Ermittlungen durch Staatsanwaltschaft und Polizei gegen tatverdächtige Polizeibeamt/innen einigermaßen naiv wirkt und sie erklärt ein Stück weit die schon immer geringen Anklage- und Verurteilungsquoten, angesichts derer Gössner schon 2002 von „Sanktionsimmunität“ spricht (Vgl. Gössner 2002:171, Singelnstein 2013:18) Das Vertrauen der Bevölkerung auf die Wirksamkeit interner Ermittlungen der Polizei ist jedenfalls gering, denn lediglich 9% der Opfer von Polizeigewalt erstatten Anzeige bei der Polizei. (Vgl. Singelnstein et al 2020:41) Dieser Wert wird von einer Infratest-dimap-Analyse (Kw 40/2020) gestützt, nach der 32% der Befragten wenig und 7% gar kein Vertrauen in interne Ermittlungen der Polizei setzen.[14] Demnach folgen 39% der Befragten der Redewendung von der Krähe, die einer anderen Krähe kein Auge aushackt.
Zwischenfazit
Festzuhalten ist, dass es durchaus Stellen gibt, die dem Gewaltmonopol der Polizei Grenzen setzen und die bei Gewalt, Rassismus oder Rechtsextremismus durch Polizist/innen eingreifen können. Tatsächlich sind diese Stellen weder unabhängig noch effektiv. Dies gilt sowohl für den Aspekt der Sanktion als auch für das Vertrauen in die Ermittlungen und die Akzeptanz ihrer Ergebnisse. Sie können es angesichts ihrer Befugnisse und der Ressourcen, über die sie verfügen, auch nicht sein.[15]
Weiterhin festzuhalten ist, dass die Reaktionen der Polizei auf den Verdacht rechtwidriger Polizeigewalt, ähnlich der Kritik der Polizei, in etwa folgenden Mustern entsprechen:
- Drängende Fragen der Öffentlichkeit werden mit dem Verweis auf laufende strafrechtliche Ermittlungen und die Rechte der eingesetzten Polizeibeamt/innen nicht beantwortet.
- Forderungen nach unabhängigen Ermittlungen werden abgewiesen. Ihnen werden „Neutralität“ und „Objektivität“ der internen polizeilichen Ermittlungen entgegengehalten.
- Kritik an der Polizei und ihrem Vorgehen wird zurückgewiesen, u. a. mit dem Hinweis auf die Belastungen des Polizeialltags und die damit verbundenen Risiken für die Beschäftigten.
Wenn aber Bürger/innen nicht damit rechnen können, dass rechtswidriges staatliches Handeln sanktioniert wird, dass ihnen Gerechtigkeit widerfährt und wenn sie nicht wahrnehmen, dass öffentliche Institutionen aus Fehlern lernen und sich an den Erwartungen der Menschen orientieren, dann müssen die Institutionen damit rechnen, dass der bereits eingetretene Vertrauensverlust sich fortsetzt und dass die Akzeptanz polizeilichen Handelns nach und nach weiter abnehmen wird.
Ein möglicher Musterbrecher könnte die Einführung tatsächlich unabhängiger Ermittlungsstellen sein, die institutionell, hierarchisch und personell außerhalb der Polizeiorganisation angesiedelt wären. Diesem Gedanken möchte ich im nächsten Schritt nachgehen und mögliche Wirkungen und Nebenwirkungen skizzieren.
4. „Musterbrecher: Die Kunst, die Regeln zu ändern.“ [16]
Wenn ich hier von Musterbrechern sprechen, räume ich ein, dass der Gedanke, externe Ermittlungen zur Untersuchung vermuteter rechtswidriger Polizeigewalt zu installieren, nicht gerade neu ist. Eine Reihe europäischer Länder hat derartige Organisationen bereits aufgebaut und zahlreiche Befürchtungen, die auch hierzulande ins Feld geführt werden, haben sich dort nach kurzer Zeit relativiert. Auch in Dänemark gab es Vorbehalte, doch der Vorsitzende der dänischen Polizeigewerkschaft Claus Oxfeldt sagt: „Jeder in Dänemark weiß jetzt, wenn man sich über die Polizei beschwert, wird es unabhängig untersucht. Das stärkt das Vertrauen der Bevölkerung in uns – und wir brauchen dieses Vertrauen bei unserer Arbeit.»“ (zit. bei Keuchel und Zühlke, 2021:190). Warum, so fragt man sich, soll dies für die Polizeiarbeit in Deutschland nicht gelten, zumal die eigentliche Polizeiarbeit sich trotz unterschiedlicher Sicherheitsarchitekturen und Organisationsformen im Kern nur unwesentlich unterscheidet? Was in Dänemark, Belgien oder Großbritannien bereits etabliert ist, kann man für die deutsche Polizei mit Fug und Recht als Bruch mit stabilen obrigkeitsstaatlichen Grundgewissheiten der Polizei hinsichtlich ihrer Rolle in der Gesellschaft einordnen. Womit müsste man also rechnen, wenn man diesen Bruch wagen würde?
Zunächst einmal würden die Polizeiorganisationen mit der Entscheidung, Ermittlungen einer außerhalb der Polizei angesiedelten Stelle zu übertragen, auf der formalen Seite entlastet. Nach Übernahme von Ermittlungen durch diese externe Stelle, wäre die Polizei erst wieder nach Abschluss dieser Ermittlungen gefragt, wenn es um die Entscheidung geht, welche disziplinarischen Konsequenzen aus dem Ergebnis der Ermittlungen zu ziehen sind. Die strafrechtlichen Konsequenzen oblägen der Staatsanwaltschaft.[17]
Auf der informalen Seite würde der Druck auf Kolleg/innen, sich bei Fehlverhalten „solidarisch“ zu verhalten, verringert. Der sogenannte Corpsgeist würde allerdings nicht über Nacht ebenso wenig verschwinden, wie Praktiken der informellen Abstimmung. Im Gegenteil wäre wohl eher damit zu rechnen, dass aufgrund des oben beschriebenen Diskursrahmen und der zu erwartenden Verunsicherung der Polizeibeamt/innen in einer Übergangsphase, ihre Bemühungen, sich vor dem Zugriff der Ermittlungen zu schützen, intensiviert werden. Viel würde davon abhängen, ob die Vorgehensweise der externen Ermittlungsstelle als fair und angemessen empfunden wird.
Auf der Schauseite könnten sich die Polizeiorganisationen in Bezug auf Informationsbedarf und Legitimation ebenfalls entlasten, indem sie auf die Arbeit der externen Stelle verweist. Die Polizei könnte sich dann der Öffentlichkeit als vertrauenswürdige Organisation präsentieren, die nicht fehlerfrei handelt, die sich aber der unabhängigen Untersuchung stellt. Ob eine solche Außendarstellung am Ende funktioniert, würde stark davon abhängen, inwieweit der externen Stelle effektive Ermittlungen in der Alltagspraxis auch ermöglicht und nicht unterlaufen werden.
Wer diesen Bruch (s.o.) wagen würde, dürfte demnach nicht damit rechnen, sämtliche Probleme in Bezug auf rechtswidrige Polizeigewalt, Fehlerkultur, Kritik an der Polizei gelöst zu haben. Die Alltagspraxis auf der informalen Seite würde zunächst außer Kraft gesetzt, aber durch die Einführung neuer Regeln bestünde die Chance, eine neue und angemessenere Sichtweise der Polizei auf ihren Umgang mit Fehlern und mit Fehlverhalten im Sinne einer bürger/innen- und menschenrechtsorientierten Polizeiarbeit zu etablieren. Ob dies am Ende gelingt, hängt stark davon ab, ob Führungspersonen auf allen Ebenen den im Alltag geübten Umgang mit Fehlverhalten (s. o. zur informalen Seite) beobachten und durch eigene Positionierung beeinflussen. Dabei muss gesehen werden, dass polizeiliche Führungspersonen zumindest in der öffentlich wahrnehmbaren und sehr wahrscheinlich auch in der internen Debatte bisher kaum stattfinden, obwohl sie und ihre Positionierung die maßgebliche Rolle spielen. Diese Zurückhaltung kann man vermutlich mit einigen Spannungsfeldern, denen Führungspersonen sich ausgesetzt sehen, erklären. Das heißt aber nicht, dass man diese Zurückhaltung auch akzeptieren darf.
Zum Schluss: Führung ist gefragt
Handlungen in sozialen Situationen sind meistens sowohl richtig als auch falsch und das trifft ganz besonders auch auf das Handeln von Führungspersonen zu. je nach Anerkennung unterschiedlicher Kriterien kann man zu unterschiedlichen Bewertungen kommen. Man kann es richtig finden, dass Einsatzkräfte nach einem Schusswaffengebrauch zunächst betreut werden. Man kann aber auch argumentieren, dass die Fürsorge hinter eine möglichst umfassende Klärung des Sachverhalts zurückzustellen ist. Und man kann im Nachhinein feststellen, dass die jeweils andere Vorgehensweise geeigneter gewesen wäre. Man kann das Lernen aus Fehlern in den Vordergrund stellen und beispielsweise polizeiliche Gewaltanwendungen analysieren, um Muster zu identifizieren, welche die Anwendung von Gewalt begünstigen. Dann wäre man auf die Mitwirkung der beteiligten Einsatzkräfte angewiesen. Man kann aber auch die Disziplinierung der sogenannten Widerstandsbeamt/innen betonen. Dann wären die Rechte der Betroffenen, die unter anderem darin liegen, sich nicht selbst belasten zu müssen, zu beachten. Die Bearbeitung solcher Widersprüche ist schwierig und gleichzeitig konstitutiv für Führungsrollen. (vertiefend dazu Barthel/Heidemann 2017:85 ff.)
Wenn es polizeiliches Fehlverhalten öffentlichkeitswirksam wird, treten schnell weitere Akteur/innen, die jeweils ihrer eigenen Logik folgen, auf den Plan und positionieren sich: Politiker/innen betonen gegenüber der Öffentlichkeit, dass in ihrem Verantwortungsbereich keine Fehler gemacht wurden, und meinen damit auch die jeweilige Opposition. Gewerkschafter/innen betonen die Schwierigkeit der Polizeiarbeit sowie die damit verbundenen individuellen Belastungen und meinen damit auch ihre Mitglieder und Wähler/innen. Polizeiwissenschaftler/innen kommentieren und kritisieren fachkundig und meinen damit manchmal auch Forschungsförderung und Reputation. Die Aufzählung ließe sich fortsetzen und an ihrem Ende würde man feststellen, dass polizeiliche Führungskräfte zumeist weder intern noch extern in Erscheinung treten. Möglicherweise wirken hier Verteidigungsroutinen, die „gar nichts mit der fachlichen Logik und folglich auch nicht mit der fachlichen Qualifikation des Führungspersonals zu tun [haben], sondern mit dessen Bestreben, negativen Überraschungen, persönlichen Verlegenheiten oder Bedrohungen der eigenen Person oder Position nach Möglichkeit auszuweichen“. (Agyris, zit. bei Seibel 2017:104) So bleiben Führungspersonen inkonsistent, wo sie klar positioniert sein sollten, und so werden Themen undiskutierbar, die offenkundig dringend thematisiert werden müssen. Themen, die nach meiner Wahrnehmung seit dem 25. Mai 2020 nach der Tötung George Floyds die Kritik der Polizei verstärkt haben und die auch nach der Tötung Mouhamed Lamine Dramés im Fokus standen: die Frage der Aufklärung rechtswidriger Polizeigewalt und der Rassismus der Polizei.
Weder zum Rassismus der Polizei noch zur Frage unabhängiger externer Ermittlungen polizeilichen Fehlverhaltens, mit der sich dieser Beitrag auseinandersetzt, kann es keine zwei Meinungen geben. Die freiheitlich-demokratische Grundordnung Deutschland ist wie alle demokratischen und rechtsstaatlichen Systeme vom Grunde her auf Misstrauen gegenüber staatlicher Macht angelegt. So darf man Parlamente und eine unabhängige Justiz als institutionalisierten Generalverdacht gegenüber den Regierenden und ihren Handlungen begreifen und eben deshalb ist das Recht, sich über staatliches Handeln zu beschweren als Menschenrecht in Art 17 GG verankert. Staatliche Macht, angewendet durch die Verwaltung, kann immer auch fehlerhaft eingesetzt oder missbraucht werden. Deshalb gilt es in einem demokratischen Rechtsstaat sowohl Strukturen, die fehlerhafte Handlungen oder Missbrauch bedingen, als auch individuelles Handeln wirksam zu kontrollieren und dies gilt insbesondere für Institutionen wie die Polizei, die das staatliche Gewaltmonopol ausüben. Deshalb müsste es meines Erachtens selbstverständlich sein, dass die Polizei ihre Bereitschaft entwickelt, sich ebenfalls diesem Generalverdacht auszusetzen und sich einer unabhängigen externen Kontrolle zu stellen.
Literatur
Aden, Hartmut; Fährmann, Jan: Bodycams bei der Polizei – nicht nur zum Schutz von Polizistinnen und Polizisten! Verfassungsblog, 2019/3/02.
Barthel, C., & Heidemann, D. (2017). Die Rolle der Führungskraft. In C. Barthel & D. Heidemann (Hrsg.), Führung in der Polizei (S. 85–120). Wiesbaden.
Behr, R. (2018): "Die Polizei muss ... an Robustheit deutlich zulegen": Zur Renaissance aggressiver Maskulinität in der Polizei, in: Loick, D. (Hrsg.), Kritik der Polizei, Frankfurt/M.
Bettermann, U. (2015). „Lässig bleiben?“ Respektlosigkeiten und Autoritätsverlust im Erleben von uniformierten Streifenpolizistinnen und -polizisten. In Empirische Polizeiforschung XVII: Die kritisierte Polizei (Bücherregal; Bd. 18, S. 164–185).
Bürgerrechte & Polizei (2022): Polizeiliche Todesschüsse, https://polizeischuesse.cilip.de/?p=1&year=2022#chronik, 14.9.22.
Diehl, J., & Ziegler, J.-P. (2018). Polizei in NRW soll robuster werden. Der Spiegel. https://www.spiegel.de/panorama/justiz/polizei-in-nrw-soll-robuster-werden-a-1195662.html, 13.9.22.
Gewerkschaft der Polizei (GdP), Landesbezirk Berlin (2016): Positionspapier Mobile Videoüberwachung, Berlin.
Gössner, R. (2002): Kontrolldefizit und Sanktionsimmunität - Zur Notwendigkeit einer unabhängigen Kontrolle der Polizei, in: Leopold, N., Schiek, S., Innere Sicherheit als Gefahr, Berlin.
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INDEPENDENT OFFICE FOR POLICE CONDUCT ANNUAL REPORT AND STATEMENT OF ACCOUNTS. (2020).
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Töpfer, E., & Normann, J. von. (2014). Unabhängige Polizei-Beschwerdestellen: Eckpunkte für ihre Ausgestaltung. Deutsches Institut für Menschenrechte, Berlin.
Fußnoten
[1] Dass es tatsächlich zwölf Einsatzbeamt/innen waren, stellte sich erst im Lauf der Ermittlungen heraus. Ursprünglich war von elf Beamt/innen die Rede.
[2] 2022 ist die Zahl der durch Polizeibeamt/innen getöteten Menschen in den Jahresvergleichen statistisch noch nicht auffällig. Allerdings sind im August und September 2022 sechs (!) Menschen durch Polizeischüsse ums Leben gekommen.
[3] Der Beitrag beruht ausschließlich auf öffentlich zugänglichen Informationen und deren Interpretation, in welche auch mein Organisationswissen aus etwa 42 Jahren im Polizeidienst eingeflossen ist.
[4] Aktuell wird die flächendeckende Einführung dieses in der Öffentlichkeit kritisch diskutierten Einsatzmittels gefordert.
[5] Vgl. beispielweise https://www.mi.niedersachsen.de/startseite/aktuelles/presseinformationen/-64964.html (Öffnet in einem neuen Tab), 20.09.22, https://polizei.nrw/sites/default/files/2016-11/131202_NRW_Studie_Gewalt_gegen_PVB_Abschlussbericht.pdf (Öffnet in einem neuen Tab), 20.09.22 und https://www.gdp.de/gdp/gdp.nsf/id/kfn_gewalt (Öffnet in einem neuen Tab), 20.09.22
[6] Ergänzend dazu veröffentlichte das Landeskriminalamt Düsseldorf zwei Tage später ein neues Lagebild zu Messerangriffen auf die Polizei (Ruhr-Nachrichten vom 30.08.22).
[7] Vgl. https://www.fr.de/politik/wenn-die-kamera-aus-bleibt-91738094.html (Öffnet in einem neuen Tab), 20.09.22
[8] Vgl. https://www.gdp.de/gdp/gdpbupo.nsf/id/DE_Dienstvereinbarung-zu-Bodycam-Einsatz-unterschrieben?open (Öffnet in einem neuen Tab), 19.02.19
[9] Vgl. The European Code of Police Ethics, Council of Europe, 19.09.2001, Rec (2001)10, Nr. 61, Kommentar.
[10] Vgl. https://www.lto.de/recht/nachrichten/n/egmr-21519-deutschland-hat-vorwurf-racial-profiling-nicht-genug-untersucht-polizeikontrolle/ (Öffnet in einem neuen Tab), 20.10.22
[11] Siehe Innenminister Reul bei der Amtseinführung des Polizeibeauftragen 2019: "Ich wünsche mir, dass er ein echter Anwalt für unsere Polizistinnen und Polizisten wird." (Vgl. https://www.land.nrw/pressemitteilung/kabinett-bestellt-thorsten-hoffmann-zum-polizeibeauftragten (Öffnet in einem neuen Tab), 30.08.22.
[12] Töpfer (2014:10) fordert in Anlehnung an die Rechtsprechung des EGMR, „dass keine institutionellen oder hierarchischen Verbindungen zwischen den Ermittelnden und den verdächtigen Beamtinnen und Beamten bestehen dürfen und die praktische Unabhängigkeit der Ermittlungen gewährleistet sein muss.“
[13] Vgl. Singelnstein in Ruhrnachrichten vom 27.9.22: https://www.ruhrnachrichten.de/dortmund/mouhamed-d-kriminologe-warnt-vor-vereinheitlichter-erinnerung-bei-der-polizei-w1796063-p-2000640204 (Öffnet in einem neuen Tab)/, 10.10.22
[14] Vgl. https://www.infratest-dimap.de/umfragen-analysen/bundesweit/umfragen/aktuell/mehrheit-fuer-polizeiunabhaengige-beschwerde-und-ermittlungsbehoerde-fuer-polizeivergehen (Öffnet in einem neuen Tab)/, 7.10.22
[15] Zur Orientierung: Das Independent Office for Police Conduct in Großbritannien verfügte 2020 über ein Budget im Umfang von etwa 74 Millionen Pfund.
[16] Titel des gleichnamigen Buchs von Kaduk et al. Musterbrecher sind in ihrem Verständnis reflektierte Führungspersonen, die nicht im System, sondern am System arbeiten und vorurteilsfrei in der Lage sind, Neues auszuprobieren. Ängste und Widerstände werden von ihnen nicht ausgeblendet, sondern thematisiert. (Vgl. Kaduk et al 2013:12)
[17] Zur Unterscheidung formale Seite, informale und Schauseite vgl. vertiefend zu Entscheidungsprämissen (Luhmann 2011:222ff).
Informationen zum Autor
Dirk Heidemann leitete von Oktober 2012 bis März 2022 das Fachgebiets I.1 „Führung in der Polizei“ bei der Deutschen Hochschule der Polizei. Er lehrte und forschte dort zur Weiterentwicklung der Führung in der Polizei. Zuvor hatte er unterschiedliche Führungsfunktionen im höheren Dienst der Polizei des Landes Niedersachsen inne.