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Abschlussbericht der umfassenden Polizeistudie

Forschungsprojekt der Deutschen Hochschule der Polizei zur Motivation, Einstellung und Gewalt im Alltag von Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten

Die Deutsche Hochschule der Polizei (DHPol) hat heute unter www.polizeistudie.de (Öffnet in einem neuen Tab) den Abschlussbericht der vom Bundesministerium des Innern und für Heimat geförderten Studie zur Motivation, Einstellung und Gewalt im Alltag von Polizeibeamtinnen und -beamten (MEGAVO) veröffentlicht.

Mit der Studie wurde untersucht, aus welchen Gründen sich Menschen für den Beruf des Polizisten entscheiden und wie sich die Motivation für den Beruf im Laufe der Zeit verändert. Ein weiterer Schwerpunkt des Forschungsprojekts war zu erforschen, wie Polizistinnen und Polizisten ihren beruflichen Alltag erleben, welche positiven Aspekte sie motivieren und in ihrer Berufswahl bestärken, welche besonderen Herausforderungen sie wahrnehmen und wie sie mit diesen umgehen. Im Fokus standen dabei insbesondere auch Gewalterfahrungen und deren Folgen für das dienstliche und private Leben. Zudem wurden politische Einstellungen und Werthaltungen der Beschäftigten der Polizeien der Länder und des Bundes im Rahmen der Studie erhoben und mit denen der Gesamtbevölkerung verglichen. 

Bundesinnenministerin Nancy Faeser: „Unsere Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten sind Tag und Nacht unter schwierigen, manchmal lebensgefährlichen Bedingungen im Einsatz. Sie verteidigen Rechtsstaat und Demokratie. Dafür verdienen sie unseren größten Respekt und unsere Wertschätzung. Die Studie zeigt: Die größte Motivation vieler Polizistinnen und Polizisten ist, anderen Menschen zu helfen – und das in einer Zeit, in der es immer mehr Angriffe auf Einsatzkräfte gibt. Der Einsatz für unsere Gesellschaft ist für Polizistinnen und Polizisten nicht nur Beruf, sondern innere Überzeugung.

Die bislang umfassendste empirische Polizeistudie bietet differenzierte Erkenntnisse zu Einstellungen und Alltagserfahrungen. Dafür danke ich den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, ebenso wie den teilnehmenden Beschäftigten der Polizei herzlich. Wir brauchen eine gute, unabhängige Polizeiforschung, um die Arbeitsbedingungen zu verbessern und Fehlentwicklungen zu begegnen.

Dabei ist klar: Es gibt null Toleranz gegenüber Rechtsextremismus, Rassismus und anderen Formen von Menschenfeindlichkeit. Jeder derartige Vorfall muss deutliche Konsequenzen haben. Das schulden wir der überwältigenden Mehrheit der Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten, die für unsere vielfältige Gesellschaft einstehen. 

Wir wollen eine transparente Fehlerkultur stärken und der Entstehung und Verfestigung von Vorurteilen und Diskriminierungen konsequent entgegentreten. Die Studie gibt wichtige Handlungsempfehlungen, um Maßnahmen in der Aus- und Fortbildung weiterzuentwickeln. Auch die Hilfsangebote bei Gewalterfahrungen oder extremer Arbeitsbelastung wollen wir auf Grundlage der Studie weiter ausbauen.“

Prof. Dr. Anja Schiemann, Projektleiterin, Deutsche Hochschule der Polizei: „Die Förderung ermöglichte in den letzten dreieinhalb Jahren eine intensive Erforschung des Polizeialltags in Deutschland. Die Eindrücke aus mehrtägigen Beobachtungen in verschiedenen Dienststellen wurden in zahlreichen Interviews von Expertinnen und Experten vorgestellt, diskutiert und vertieft. In zwei bundesweiten Online-Befragungen gaben jeweils über 40.000 Befragte Auskunft. Dabei wurden zahlreiche bereits in dem Zwischenbericht vorgestellte Ergebnisse in der zweiten Erhebung bestätigt.

Es freut mich ganz besonders, dass das Projekt MEGAVO dank einer weiteren Finanzierung des BMI sowie der Innenministerien der Bundesländer nicht endet, sondern weitergeführt werden kann. Die Fortsetzung des Projekts bietet die Chance, in den kommenden Jahren längerfristige Entwicklungen empirisch zu begleiten, Veränderungen auf individueller Ebene nachzuvollziehen und Trends in den Polizeien des Bundes und der Länder forschend zu begleiten.“

Die MEGAVO-Stichprobe ist die größte Stichprobe und die umfangreichste Befragung, die in Deutschland im Bereich der empirischen Polizeiforschung bisher durchgeführt wurde. In zwei bundesweiten Online-Befragungen gaben jeweils über 40.000 Befragte Auskunft zu ihrer Motivation, Arbeitszufriedenheit und beruflichen Identifikation, zu alltäglichen und besonderen Belastungen, die sie im Dienst erfahren, sowie zu Einstellungen, Fehlverhalten und Teamkulturen. Neben der quantitativen Erhebung mittels Online-Befragung wurden teilnehmende Beobachtungen in den Organisationseinheiten der Bereitschafts-, Kriminal- und Schutzpolizei in 26 Dienststellen in 14 Städten in 7 Ländern durchgeführt. Fokusgruppengespräche und 80 leitfadenbasierte Experteninterviews mit Führungskräften vervollständigen die Datengrundlage.

Wesentliche Ergebnisse der Studie sind: 

  • Die Motivation und Identifikation der Mitarbeitenden der Polizeien des Bundes und der Länder ist insgesamt recht hoch und vielfältig begründet. Insbesondere gute Teamarbeit sowie kompetente und sensible Führungskräfte schaffen eine hohe Arbeitszufriedenheit. Als belastend wurden durch die Befragten u.a. Personalmangel, viel Bürokratie und enttäuschte Erwartungen mit Blick auf die Wirksamkeit der eigenen Arbeit genannt, zum Beispiel wenn es zu Verfahrenseinstellungen kam.
  • Das Risiko, im Dienst Opfer einer Gewalttat zu werden, liegt um ein Mehrfaches höher als in der Gesamtbevölkerung. Am häufigsten gaben die Befragten an, Opfer von Beschimpfungen und Provokationen zu werden.
  • Die Studie zeigt, dass die Einstellung der Beamtinnen und Beamten mehrheitlich der freiheitlich-demokratischen Grundordnung entspricht und von Toleranz und Zustimmung zur Demokratie geprägt ist. Die Studie zeigt aber auch, dass nicht alle Beschäftigten bei der Polizei diese Werte teilen: In beiden Befragungswellen fand sich eine kleine Anzahl von Personen, die ein menschen- und demokratiefeindliches Weltbild aufweisen. Daneben gibt es einen klar erkennbaren Personenkreis, der sich nur ambivalent, unentschlossen oder zaghaft zur Unterstützung von Demokratie, Diversität und ähnlichen Themen äußert.
  • Die MEGAVO-Studie umfasst in Anlehnung an das Modell der „Gruppenbezogenen Menschenfeindlichkeit“ auch Fragen zu Antisemitismus, zu Antiziganismus, zur Abwertung von Frauen, von Musliminnen und Muslimen, Wohnungslosen, Asylsuchenden sowie zu Ausländerfeindlichkeit. Menschenfeindliche Positionen lassen sich wie in der Gesamtbevölkerung auch in der Polizei feststellen. Mitarbeitende der Polizei sind gegenüber Frauen und Musliminnen und Muslimen weniger vorurteilsbehaftet als der Durchschnitt der Bevölkerung. Abwertungstendenzen gegenüber Asylsuchenden und Wohnungslosen sind hingegen in der Polizei eher etwas stärker verbreitet als im Durchschnitt der Bevölkerung.
  • Da problematische Einstellungen auch bereits vor Dienstantritt bestehen können, ist hier insbesondere das Bewerbungs- und Auswahlverfahren sowie berufsbegleitend ein gutes Aus- und Fortbildungsangebot von besonderer Bedeutung.

Aufbauend auf den Ergebnissen der ersten MEGAVO Studie sollen in den weiteren drei Jahren u.a. Feinanalysen der beiden Onlinebefragungen sowie eine dritte Befragungswelle im Jahr 2026 durchgeführt werden. Die Fortsetzung des Projektes bietet die Chance, in den kommenden Jahren längerfristige Entwicklungen empirisch zu begleiten, Veränderungen auf individueller Ebene nachzuvollziehen und Trends in den Landespolizeien und den Polizeien des Bundes forschend zu begleiten.

Projekt MEGAVO 
Prof. Dr. Anja Schiemann
anja.schiemannmegavode


Pressestelle Deutsche Hochschule der Polizei (DHPol)

Dr. Mechthild Hauff
pressestelledhpolde
02501/806-210

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