11.09.2024
Arbeitsbedingte Traumata sind in verschiedenen Berufen weit verbreitet. Obwohl ein Zusammenhang zwischen risikoreichen Berufen, wie beispielsweise in der Polizei, und posttraumatischen Belastungsstörungen (PTBS) bekannt ist, ist ein umfassendes Verständnis der Prozesse, die sich auf die Gesundheit der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer auswirken, nach wie vor herausfordernd. Auf der Jahrestagung der American Psychological Association (APA) in Seattle präsentierte Prof. Dr. Andrea Fischbach das Poster "Workplace Trauma: Unraveling Stress & Emotional Labor". Die Leiterin des Fachgebiets Sozial-, Arbeits- und Organisationspsychologie an der Deutschen Hochschule der Polizei (DHPol) entwickelte ein Prozessmodell, welches Aufschluss darüber gibt, wann, wie und warum sich PTBS und andere Traumafolgestörungen nach einem arbeitsbedingten Trauma manifestieren. In ihrer Studie verdeutlichte Prof. Fischbach dabei den Einfluss des emotionalen Arbeitsklima auf die Traumata-Bewältigung und die Gesundheit von Arbeitsnehmerinnen und Arbeitnehmern am Arbeitsplatz.
Systematischer Literaturreview und Untersuchung in 23 deutschen Mordkommissionen liefern Einblicke
Mittels eines systematischen Literaturreviews und einer multidimensionalen Untersuchung in 23 Mordkommissionen der deutschen Polizeien entwickelte die Arbeits- und Organisationspsychologin gemeinsam mit Nicolai Kleineidam, der zu der Thematik promoviert und Daniela Husseneder, Studierende aus Bayern, 2021 ein Prozessmodell, welches sie auf der APA 2024 präsentierte. Durch die Unterscheidung zwischen berufsspezifischer Traumakonfrontation bei normaler Arbeit, anderen Formen von arbeitsbedingtem Trauma und außergewöhnlichem Stress wurden drei miteinander verbundene Mechanismen untersucht, die die Gesundheit der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer beeinträchtigen: autonome Prozesse, kontrollierte Prozesse und Erschöpfungsprozesse.
Die Wissenschaftlerin arbeitete heraus, dass die Ergebnisse nach einem arbeitsbedingten Trauma von drei Kernfaktoren abhängen: den Aufgabenmerkmalen, den persönlichen Ressourcen und den zwischenmenschlichen Beziehungen am Arbeitsplatz. Die Ausweitung der Theorie der emotionalen Arbeit auf Traumaarbeit unterstreicht dabei die zentrale Rolle des emotionalen Arbeitsklimas. Unter diesem versteht man Faktoren wie die Förderung von Empathie und gegenseitigem Verständnis am Arbeitsplatz, wie auch die Schaffung eines Umfelds, in dem Mitarbeitende Gefühle offen kommunizieren können, ohne Angst vor negativen Konsequenzen zu haben. Empirische Belege unterstützen dies und unterstreichen die Notwendigkeit, Gesundheits- und Sicherheitsmaßnahmen und -praktiken am Arbeitsplatz Priorität einzuräumen.
"Mit der Studie und dem entwickelten Modell werden Feinheiten arbeitsbedingter Traumata entschlüsselt", erklärt Prof. Andrea Fischbach. "Diese Erkenntnisse liefern somit Ansatzpunkte, die die Gesundheit und das Wohlbefinden von Personen, die mit Traumata in der Arbeitswelt konfrontiert sind, schützen, wiederherstellen und verbessern können."